Eigentlich wollte ich hier eine ganze Weile nichts mehr veröffentlichen. Meist war es Zeitmangel, der mich davon abhielt, aber sehr oft auch der Motivationsmangel, da neben der normalen Arbeit wenig Muse für diesen Blog hier blieb. Wer mir bei Instagram, Facebook oder Twitter gefolgt ist, der wird mitbekommen haben, dass ich schon nichts mehr über unsere Zeit auf Hawaii geschrieben habe und auch Florida und die Bahamas nicht verschriftlicht habe. Ich gelobe Besserung, aber am Ende wird man sicherlich mehr mitbekommen, wenn man mir bei den Social Media Kanälen folgt J
Hier soll es auch gar nicht um eine Reise gehen, sondern um das Grundprinzip des Arbeitens von unterwegs, aber eben aus meiner Sicht. Ich verfolge natürlich die Entwicklung des Begriffs digitaler Nomade und so sehr ich mich am Anfang damit identifizieren konnte, so sehr will ich mich inzwischen abwenden.
Reisen als Geschäftsmodell
DAS ist eines der zwei großen Gründe, die dazu geführt haben, dass ich die „digitaler Nomade“ Bezeichnung für mich ablehne. Ich habe in den letzten Monaten das Gefühl bekommen, dass bei einem sehr großen Teil das Arbeiten von unterwegs nicht nur die Lebenseinstellung ist, sondern viel mehr auch der Berufswunsch. Die Einnahmen fangen also an darauf zu basieren, dass gereist wird.
Da gibt es natürlich immer den monetarisierten Blog, Newsletter Verteiler, Vorträge mit Glückskeksphilosophien über Motivation und ähnlichen Unsinn. Nicht missverstehen, ich gönne jedem die Erfüllung des eigenen Traumes und wenn er durch genau diese Dinge realisiert werden kann, dann ist das prima, aber dies können keine Vordenker des digitalen Nomadentums sein, denn sie sind lediglich so etwas wie die Affiliates des Nomadentums, aber nicht diejenigen, die in der Praxis Fortschritte bringen.
Meine persönliche Frage wäre immer: wie viel verdienst du wenn du die Einnahmen aus dem Reisen (Blogs, Newsletter, Vorträge, Bücher, Ebooks) weglässt? Wenn die Antwort eine kleine Zahl ist, dann ist das für mich nicht das was ich immer unter „digitaler Nomade“ verstanden habe. Für mich war dies immer jemand, der ein Unternehmen aufbaut oder einen Job ausübt und DENNOCH sehr viel reist und nicht jemand, der ein Unternehmen aufbaut INDEM er reist.
Zelebrierter Egoismus
Das meist genutzte Wort, das ich in diesem Umfeld in den letzten Monaten sah war „ich“. Toll klingende Sprüche, die immer dieses Wort beinhalten inklusive, also die üblichen Glückskekse wie „meine Motivation nimmt mir keiner weg“ – „ICH lasse mich nicht aufhalten“ und andere geistige Fürze.
Verantwortung für Angestellte? Verantwortung für seine Umgebung? Sich für irgendetwas einsetzen? Die Erwähnung von Familie, also etwas das noch eine andere Form der Aufopferung fordert? Letzteres erscheint noch als Randnotiz, weil man ja breitere Kundenschichten haben will für die Vorträge, aber im Großen und Ganzen interessierte es niemanden.
Bezeichnend für mich war es, dass ich bei mindestens 3 Reisebloggern Berichte las wie toll, lässig und schön Bali ist just in der Woche (vielleicht auch in dem Monat), in dem dort Hinrichtungen stattfanden, die auch überall in den Medien thematisiert wurden. Will jemand raten wie oft dieses Thema erwähnt wurde? Schließlich darf eine gut zu verkaufenden digitale Scheinwelt nicht gestört werden.
Selbst wenn ich solch „abstrakte“ Themen weglasse, bleibt vor allem eines: Egoismus. Bei der Hälfte der Blogs zum Thema digitaler Nomade höre im Hintergrund Falco singen „die ganze Welt dreht sich um mich, denn ich bin nur ein Egoist“ (dabei ist nicht einmal mein Musikgeschmack). Selbstverwirklichung um jeden Preis und vor allem der Glaube man müsse sich selbst zum absoluten Mittelpunkt machen, während die Probleme anderer einen ja nur belasten und den eigenen Zen stören.
Bullshitbingo und Glückskekse
Harmlose Dinge, also eher eine „subjektiv genervt sein“ von mir. Ich bin einfach kein Fan von pseudophilosophischen Kindertheorien über Geist und Hirn usw. Die meisten Vorträge, Texte und Sprüche darüber sind einfach Selbstmarketing, der die Leute davon abhalten sich selbst zu entwickeln, da man ihnen dann seinen eigenes Zeug besser verscheuern kann. Wer mich kennt weiß aber auch wie groß meine Verachtung ist für das Jagen nach „Gurus“.
Ich weiß, einige sind nun sauer, aber wer sich hiervon angesprochen fühlt, hat ja bekanntlich die Gabe sein inneres Ich und sein super-duper-leck-die-Ziege-Karma zu schützen und kann mich ausblenden, also ist alles easy. Leute, die unterwegs wirklich arbeiten oder gar mit Kind und Frau dabei reisen…der Kaffee und das Bier gehen auf mich!
Und nun zu etwas Wichtigem
Ohne großen Vortrag von mir, aber lest euch DAS HIER durch und tut etwas. Mir egal was ihr tut, aber tut es…ich verspreche kein Karma, aber ein paar Anti-Asi-Punkte gibt es sicherlich.
Wir sind „digitale Nomaden“ | Das Ulyaversum
29. Juni 2015 at 13:28
[…] Ich bin zufällig auf einen ganz ganz wunderbaren Blogartikel gestoßen mit dem Titel: Nenn mich nicht digitaler Nomade […]